Montag, 19. Juni 2006

Teil 3 – Tag 3 der IWC-Tagung – DIE KERNFRAGE!

Die Kernfrage der diesjährigen Tagung der IWC ist die Diskussion über die – wie es Japan beantragt und formuliert hat – „Normalisierung der IWC“. Das Dokument, das als Diskussionsvorlage dient, ist die so genannte St. Kitts & Nevis Deklaration, die von 30 Staaten mitgetragen wird (siehe weiter unten eine kurze Zusammenfassung). Ich möchte darauf verweisen, dass es sich um eine Deklaration handelt und NICHT um eine Resolution.

Dies ist ein Versuch Japans, die künftige Ausrichtung der IWC zu seinen Gunsten abzuändern und mit einer Mehrheit innerhalb der IWC die Tagesordnung und Arbeitsschwerpunkte grundsätzlich zu ändern.

St. Kitts präsentiert die Deklaration.

Diskussion beginnt.

UK: ist enttäuscht, dass der Gastgeber eine Deklaration vorlegt, die nicht einstimmig angenommen werden kann.

Island: fordert alle IWC-Mitgliedsstaaten auf, diese Deklaration zu unterstützen. Der einzige Ausweg für die IWC ist es, sich auf die Zielsetzung der Konvention von 1946 zurück zu besinnen.

Antigua & Barbuda: Deklaration ist „good faith“ (Anm. aha).

Australien: keine Zustimmung. Es folgt eine detaillierte Zerpflückung dieses Dokumentes.

Deutschland: Kritik an Deklaration; Moratorium wird in Frage gestellt, ist jedoch wichtiger Bestandteil der Konvention. Wissenschaftliche Walfangfrage ist ausgeklammert. Verweist auf Kritik am Wissenschaftswalfang aus der vorangegangenen Resolution.

Niederlande: begrüßt die ursprüngliche Absicht. Hätte sich frühere Konsultation gewünscht. Es ist, trotz einiger guter Ansätze, unmöglich für die Niederlande, diese Resolution zu unterzeichnen.

St. Lucia: unterstützt

Neuseeland: es gibt keinen einzigen Absatz, den Neuseeland unterstützen kann. „Suicidal Mission“.

Tschechien: kann die Deklaration nicht unterstützen und schließt sich Deutschland und Neuseeland an.

Monaco: enttäuscht über den Text.

Ungarn: unterstützt UK, Australien und Neuseeland.

Palau: bestätigt Mitträgerschaft der Deklaration. Arbeiten an Normalisierung der IWC.

Dominika: unterstützt Deklaration.

Irland: leider kann man diese Deklaration nicht unterstützen. Bringt weitere Kritik vor: nämlich, dass die Walfangstaaten das bestätigte Fangquotenberechnungsmodell untergraben und verwässern möchten.

Schweden: auch wenn manches in der Deklaration unterstützenswert ist, ist das Gesamtwerk unmöglich zu unterstützen.

Indien: keine Unterstützung.

USA: wäre schöner, wenn man ein Dokument gehabt hätte, dem sich alle anschließen könnten. Vor allem für den Gastgeber.

Vorsitzender fragt St. Kitts wie es fortfahren möchte.

St. Kitts: möchte das Dokument zur Abstimmung bringen möchte.

Point of order: Brasilien führt an, dass man nicht über eine Deklaration abstimmen kann. Das Dokument hat nicht die Form einer Resolution.

Vorsitzender: er hat bereits darauf hingewiesen, dass es eine Resolution ist und niemand hat ein Veto eingelegt. Möchte mit Abstimmung fortfahren.

Abstimmungsergebnis:

Pro St.Kitts Deklaration: 33

Gegen die Deklaration: 32

Enthaltungen: 1

Es folgt eine heftige Auseinandersetzung. Ich muss gestehen, dass ich selten eine Diskussion erlebt habe, die so ein tiefes Niveau erreicht hat. Die Pro-Walfangstaaten bedienten sich einer Rhetorik, die keine andere Bezeichnung verdient als „letztklassig“. Ich bin nicht in der Lage manche dieser Äußerungen auch nur annähernd wieder zu geben, daher beschränke ich mich auf Kurznotizen.

Brasilien: Resolution hat keine Rechmäßigkeit. Island nicht anerkanntes Mitglied der IWC.

Die gesamte Resolution ist inhaltlich ein einziger Skandal.

Neuseeland: diese Resolution hat KEINE einfache Mehrheit, weil Island nicht anerkanntes IWC-Mitglied ist.

Australien: es ist eine Deklaration und keine Resolution.

Israel: dies ist keine Resolution

Mexiko: schließt sich Neuseeland an.

Island: ist enttäuscht, dass die Mitgliedschaft Islands erneut in Frage gestellt wird. Man muss den Tatsachen ins Auge sehen und auch verlieren können.

UK: es ist keine Resolution

Togo: kritisiert das Demokratieverständnis mancher Staaten (Anm.: aber unterstützt „geheime Abstimmungen“)

Niederlande: schließt sich dem Statement Australiens an.

Monaco: akzeptiert die unterschiedlichen Ansichten, kann sich nicht erinnern, dass jemals eine Abstimmung über eine Deklaration getätigt wurde. Dies darf keinen Präzedenzfall setzen.

Vorsitzender möchte die Diskussion beenden.

Gambia: man muss auch verlieren können.

Spanien: das ist ein weiterer Fall, der inakzeptabel ist.

Belgien: schließt Australien an.

Japan: man muss Entscheidungen akzeptieren.

Deutschland: distanziert sich von der Deklaration!


Italien: muss sich von der Deklaration distanzieren, aus den Gründen die von Australien angeführt wurden.

Frankreich ebenso.

Antigua & Barbuda: schließt sich Island an und führt an „nicht nur manche Tiere haben kurze Gedächtnis“.

Australien: unterbricht die Sitzung. Inakzeptable Rhetorik.

Antigua & Barbuda: führt nochmals aus, dass Elefanten ein Langzeitgedächtnis haben und im Falle der Mitgliedschaft von Island, anscheinend einige Menschen hier, ein nicht so lange zurückreichendes Gedächtnis haben.

Guinea: welcomes the outcome.

Korea: so eine Teilung der Kommission ist unerfreulich. Man darf auch Kritik an der isländischen Mitgliedschaft haben. Aber als Experte für internationales Recht führt er aus, dass Neuseeland bei anderen Abstimmungen nicht die Mitgliedschaft von Island in Frage gestellt hat.

USA: keine Akzeptanz dieser Entscheidung.

St. Kitts: dies ist ein historischer Moment für die Neuausrichtung der IWC.

**
Anhang:

Die St.Kitts & Nevis Deklaration:
30 Staaten legen diese Deklaration der IWC vor (siehe unten). Die Diskussion wird über ein abgeändertes Dokument geführt, das jedoch nur marginal vom Ursprungsdokument abweicht. Der wesentliche Unterschied sind zwei kleine Abänderungen:

-) zunächst führte die Deklaration aus, dass das kommerzielle Walfangverbot „keine Gültigkeit“ mehr besitzt, die neue Version führt an, dass „keine Notwendigkeit“ für das kommerzielle Walfangverbot besteht.

-) das Ursprungsdokument führte an, dass Wale weltweit fünf- bis sechsmal so viel Fisch fressen, wie Menschen. Der quantitative Vergleich fehlt im neuen Dokument, jedoch wird weiter darauf verwiesen, dass Wale große Mengen an Fisch fressen und somit das Management von Walbeständen für die Sicherstellung der Nahrungsversorgung armer Küstenstaaten wichtig ist.

Die wesentlichen Bestandteile der St. Kitts und Nevis Deklaration sind:

-) die Nutzung von Walen trägt bei zur Reduktion von Armut, Nahrungsmittelversorgung, etc.

-) es gibt keine weitere Notwendigkeit für den Fortbestand des kommerziellen Walfangverbotes

-) die IWC hat es nicht geschafft, das Bewirtschaftungsverfahren für Walbestände (Anm. = Wiederaufnahme des kommerziellen Walfangs) fertig zu stellen und einzusetzen

-) Wale fressen große Mengen an Fisch und das Management (Anm. „die Tötung“) von Walen hat große Bedeutung für die Frage der Sicherstellung der Nahrungsmittelversorgung für Küstennationen

-) Kritik zahlreicher internationaler Organisationen als inakzeptabel

Die Deklaration zieht folgende Schlussfolgerung:

-) die IWC hat versagt, ihre Verpflichtungen, die aus der Konvention zur Regulierung des Walfangs, bestehen, nach zu kommen.

Jene Staaten, die die Deklaration beantragt haben, sind:

St. Kitts & Nevis, Antigua & Barbuda, Dominika, Elfenbeinküste, Gabon, Gambia, Grenada, Guinea, Island, Japan, Kambodscha, Kamerun, Kiribati, Mali, Marshall Inseln, Mauretanien, Mongolei, Marokko, Nauru, Nicaragua, Norwegen, Palau, Russland, St. Lucia, St. Vincent & Grenadinen, Salomonische Inseln, Surinam, Togo, Tuvalu.

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